Sie will hinaus in die Welt. Und nicht klassisch Mutter und Ehefrau werden in der polnischen Stadt Radom. „Ich habe Lust auf Paris“, sagt die junge Halina (Joey King) also ihrem Bruder Addy (Logan Lerman), der eben genau dorthin gezogen ist, um hier als Pianist und Komponist erfolgreich zu sein. Zum Pessach-Fest ist er zurück nach Radom gekommen, um mit der Familie zu feiern. „Auf künftige Abenteuer“, stößt Addy mit Halina an, „ich werde auf dich in Paris warten“. Beide wissen hier noch nicht, dass es bis zum Wiedersehen lange dauern wird. Und sie für Jahre tausende von Kilometer trennen werden …
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Worum geht es in „We were the lucky ones“?
Die jüdische Familie Kurc in der neuen Disney+-Serie „We were the lucky ones“ ist Teil des Großbürgertums und besitzt einen florierenden Couture-Salon. Doch es gibt erste Kundinnen, die nicht mehr bei ihnen kaufen wollen. Denn: Es ist 1939 und die ersten Pogrome gegen Jüdinnen und Juden beginnen auch in Polen. Doch auch wenn viele ihrer Freund*innen bereits fliehen, Familie Kurc beschließt zu bleiben und nach wie vor ein „normales“ Leben zu führen. Als am 1. September schließlich NS-Deutschland Polen überfällt, beginnt der Zweite Weltkrieg und alles geht ganz schnell. Vorbei ist der Alltag, die Familie wird verstreut und muss in verschiedenen Ländern um das Überleben kämpfen.
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Foto: Disney+
Halina (Joey King) träumt von einem Leben in Paris – und arbeitet dann aber mutig im Widerstand
Die Familie Kurc: verstreut und doch vereint
Die Serie „We were the lucky ones“ basiert auf dem gleichnamigen Erfolgs-Roman von Georgia Hunters von 2017 und schildert das Schicksal der Eltern und fünf Geschwister Kurc samt deren Partner*innen, die durch den Krieg getrennt werden: Halina versucht wie ihr Bruder Jakob (Amit Rahav) aus dem besetzten Radom nach Lemberg zu gehen, das nach Stalins Nichtangriffspakt mit Hitler von Sowjets besetzt ist. Und das gelingt ihr: Sie arbeitet hier bei Untergrundaktionen mit, verheimlicht, dass sie Jüdin ist, wird jedoch schließlich verhaftet und gefoltert. Ihr Bruder Addy, zurückgekehrt nach Paris, muss auch von dort fliehen und landet auf einem Schiff nach Brasilien, dessen Weiterfahrt aber wieder in der Schwebe ist. Der Bruder Genek (Henry Lloyd-Hughes) wird mit seiner Frau Herta (Moran Rosenblatt) in ein Arbeitslager nach Sibirien verschleppt und die beiden leben dort jahrelang unter brutalen Zuständen. Die Schwester Mila (Hadas Yaron) ist gezwungen, ihre kleine Tochter Francesca unter Zwangsarbeit alleine durchzubringen. Und die Eltern von allen fünf Geschwistern, Nechuma (Robin Weigert) und Sol (Lior Ashkenazi), müssen ihre Wohnung räumen und versuchen im Ghetto zu überleben.
Foto: Disney+
Die Eltern Sol (Lior Ashkenazi) und Nechuma Kurc (Robin Weigert) müssen ihre Wohnung verlassen und leben fortan im Ghetto ohne ihre Kinder
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Brutale Klarheit ohne Kitsch
Die Serie pendelt zwischen den Lebenswelten der einzelnen Familienmitglieder und fokussiert sich auf einzelne Stränge. Trotz des Fehlens der Schwestern, Brüder und Eltern sind diese aber emotional und geistig dennoch anwesend. Immer steht die Frage im Raum: Leben die anderen noch? Abschied, Trennung, Ungewissheit und Hoffnung prägen die Folgen, die menschlich sind, ohne in banalen Kitsch abzudriften – was dem brutalen und traurigen Thema auch nicht gerecht werden würde, aber leider bei Historien-Mehrteilern häufig nicht der Fall ist. „We were the lucky ones“ führt bei seinen Protagonist*innen eine Stärke und Kraft vor, in ausweglosen, unvergleichlichen Situationen zusammenzuhalten. Mut zu zeigen. Und ja, auch einfach zu versuchen zu (über)leben, von einem Tag auf den anderen: Jakob Kurac heiratet trotz Krieg heimlich seine Freundin Bella. Genek und Herta bekommen im Arbeitslager einen Sohn und ziehen ihn so gut es geht und gegen alle Widerstände hier groß.
Foto: Disney+
Liebe in Zeiten des Krieges: Jakob Kurc (Amit Rahav) heiratet seine Freundin Bella (Eva Feiler) in einer heimlichen Zeremonie
Das macht „We were the lucky ones“ so aktuell
„We were the lucky ones“ reiht sich ein in den aktuellen Serien-Trend, den Holocaust vielschichtig zu thematisieren. Denn gerade in der letzten Zeit sind mehrere Formate dazu erschienen: Wie die Disney+-Serie „Deutsches Haus“ rund um die Kriegsverbrecher-Prozesse der 1960er-Jahre. Die Netflix-Serie „Transatlantic“, die die Flucht berühmter europäischer Künstler*innen anschaulich aufzeigt, die kurzzeitig alle zusammen in einem Haus in Frankreich leben und auf eine Ausreise hoffen. Oder zuletzt die ARD-Serie „Die Zweiflers“ über eine jüdische Familie im Frankfurt der Jetzt-Zeit, deren Dynamik von der Vergangenheit geprägt ist und die auch das moderne jüdisches Leben von Heute vorführen. Letztere gewann während der Filmfestspiele vollkommen verdient den Preis für die beste Serie 2024. Alle Serien sind auch eine kulturelle Antwort auf die aktuelle Weltlage, in der brutale Themen wie Flucht und Krieg leider wieder äußerst aktuell sind. Und wieder Familien und Freunde auseinander gerissen werden und nicht wissen, ob sie sich jemals wieder lebendig sehen werden. Alle Produktionen führen individuell vor was niemals mehr passieren sollte. Und doch wieder oder noch traurige Realität ist.
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Foto: Disney+
Abschied ohne Gewissheit auf ein Wiedersehen: Jahrelang bangen alle Familienmitglieder, ob sie je wieder vereint werden
Gegen Ende der acht Folgen von „We were the lucky ones“ machen sich einige aus der Familie auf, um über die Alpen nach Italien zu gelangen. Und auch wenn ein „glückliches" Ende in Sicht ist, der Serien-Titel behält seinen bitter-schönen Unterton: Was kann das bedeuten, „the lucky ones“? Was ist das für ein „Glück“, das die Familie Kurc hatte? Und wie glücklich können sie nach diesem Grauen überhaupt weiterleben?
Die Serie ist ab sofort hier zu streamen.
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Das Buch zur Serie gibt es hier:
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